Orientierung schaffen, Netzwerke nutzen
„Was will ich, und - vor allem - was kann ich?“ Zu einem erfolgreichen Berufseinstieg als Geisteswissenschaftler gehört es, sich über die eigenen Qualifikationen und Kompetenzen klar zu werden. Wer zum Beispiel weiß, dass er dank seines Geschichtsstudiums eine hohe Analysefähigkeit mitbringt, kann Stellenanzeigen auf sein Profil hin durchsuchen. Für gezieltere Bewerbungen ist es hilfreich, herauszuarbeiten, welche fachlichen Schwerpunkte die eigene Universität im Vergleich zu anderen Hochschulen hat oder was die eigene Fächerkombination für Vorteile birgt. Nicht zu unterschätzen ist der Nutzen eines gut ausgebauten Netzwerks. In den Medien - laut der Agentur für Arbeit eine der typischen Branchen für Geisteswissenschaftler - werden zum Beispiel viele Stellen über den verdeckten Arbeitsmarkt, speziell über persönliche Kontakte, vergeben. Um das eigene Netzwerk systematisch bei der Jobsuche einzubeziehen und davon zu profitieren, sollten die Kontakte über den geplanten Berufseinstieg unterrichtet werden. Mit Fragen danach, wie dem Gegenüber der Jobeinstieg gelungen ist, was eigentlich die konkreten Aufgabenfelder und welche Fähigkeiten besonders gefragt sind, betreibt man Marktforschung in eigener Sache - für Geisteswissenschaftler besonders wichtig, um sich gegebenenfalls auch fachfremderen Berufsfeldern anzunähern.
Quereinstieg für Geisteswissenschaftler
„Wo könnte ich überall arbeiten?“ Wer als Geisteswissenschaftler auf der Suche nach seinem ersten Job ist, muss zwischen den Zeilen lesen: Berufe für Geisteswissenschaftler werden fast nie als solche ausgeschrieben. Gemäß dem Adecco-Stellenindex, der Jobanzeigen aus 32 Onlinebörsen und 166 Printmedien auswertet, richtete sich im ersten Halbjahr 2016 lediglich ein Prozent der Inserate für Berufseinsteiger mit akademischem Abschluss speziell an Geisteswissenschaftler. Ein Grund dafür kann sein, dass Geisteswissenschaftler oft in Schnittstellenfunktionen arbeiten, die sich schwer benennen lassen und folglich auch schwer zu finden sind. Bei der Stellensichtung lohnt es sich deshalb, den Blick zu weiten. Manchmal verstecken sich hinter Berufsbezeichnungen, die einem spontan gar nichts sagen, passende Stellen oder zumindest Anknüpfungspunkte für einen Quereinstieg. Möglichkeiten ergeben sich zum Beispiel bei PR- und Kommunikationsabteilungen: Laut einer Erhebung von Gehalt.de aus dem Jahr 2016 kommen 31 Prozent der PR-Fachkräfte aus den Geisteswissenschaften.
Weiterbildungsmaßnahmen: So können sich Geisteswissenschaftler spezialisieren
Jobcoachs empfehlen, als Geisteswissenschaftler eine Mappe anzulegen, in der Stellenausschreibungen von Traumjobs gesammelt werden. So lässt sich am besten ein Überblick darüber gewinnen, was in den Anzeigen gefordert ist, für die man sich gerne bewerben würde, und welche dieser Qualifikationen einem vielleicht noch fehlen. So können beispielsweise Weiterbildungen in Projektmanagement, BWL oder Social Media für eine Stelle in den Bereichen PR oder Eventmanagement an einem Theater bessere Argumente sein als ein Masterabschluss in Theaterwissenschaften mit Auszeichnung. Wer sich allgemein für Öffentlichkeitsarbeit interessiert, punktet mit erfolgreich absolvierten Photoshop- oder InDesign-Kursen; betriebswirtschaftliche Kenntnisse öffnen Möglichkeiten im Projektmanagement.
Die längere Phase der Jobsuche können Geisteswissenschaftler dafür nutzen, sich im Rahmen von Weiterbildungsmaßnahmen zu spezialisieren. Wer bei der Agentur für Arbeit oder beim Jobcenter arbeitssuchend oder arbeitslos gemeldet ist, erfüllt eine Voraussetzung für den Bezug des Bildungsgutscheins - das Förderinstrument, mit dem die Finanzierung von Weiterbildungen möglich ist. Ausgestellt wird der Gutschein, wenn ein „Defizit an berufsbezogenen Qualifikationen“ nachgewiesen werden kann. Bei Geisteswissenschaftlern ist das häufig deswegen der Fall, weil sich die meisten Stellenausschreibungen nicht direkt an sie als Zielgruppe richten. Wer noch an einer Hochschule eingeschrieben ist, kann außerdem von Bewerbungs- und Präsentationstrainings profitieren, die speziell für Geisteswissenschaftler konzipiert sind. Zur Kompetenzerweiterung eignen sich außerdem E-Learning-Plattformen.
Wie als Geisteswissenschaftler an einer Hochschule Fuß fassen?
Als wissenschaftliche Hilfskraft bereits persönlich mit Dozenten und Professoren in Kontakt gestanden zu haben ist von Vorteil, wenn es darum geht, als wissenschaftlicher Mitarbeiter an einer Universität angestellt zu werden - und infolgedessen zu promovieren. Die Wege zur Professur können in den Geisteswissenschaften unterschiedlich aussehen. Wer sich langfristig für eine solche Position interessiert, kommt um die Promotion in aller Regel jedoch nicht herum. Wissen sollten Einsteiger, dass laut dem Anfang 2017 erschienenen Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs (kurz: BuWiN) in den Sprach- und Kulturwissenschaften 93 Prozent der Mitarbeiter des Hochschulpersonals unterhalb der Professur befristet angestellt waren. Bei geisteswissenschaftlichem Personal an außeruniversitären Forschungseinrichtungen waren es 88 Prozent. Die Werte beziehen sich jeweils auf das Jahr 2014 und auf Angestellte unter 45 beziehungsweise unter 35 ohne Promotion (s. Abbildungen).
Auch um eine Ahnung von dem möglichen Geisteswissenschaftler-Gehalt zu bekommen, das an Hochschulen tariflich festgelegt ist, lohnt ein Blick in die Statistik: Laut BuWiN 2017 waren 2014 knapp 60 Prozent der Sprach- und Kulturwissenschaftler in genannter Zielgruppe nur in Teilzeit angestellt.