Die Habilitation
Der klassische und wohl am häufigsten gewählte Weg zur Universitätsprofessur ist die Habilitation. Nachwuchswissenschaftler arbeiten dabei sechs Jahre an einer Universität – befristet, verbeamtet oder angestellt – und verfassen eine Habilitationsschrift. Manchmal geht es auch anders, wenn Bewerber Leistungen nachweisen können, die als „habilitationsadäquat“ gelten. Gute Chancen haben oft Ingenieure, die in der Industrie bereits hohe Posten bekleidet haben, oder Künstler, die mit ihrer kreativen Leistung überzeugen. In den Naturwissenschaften kommen in der Regel Kandidaten infrage, die sich in den öffentlichen Forschungsinstituten einen Namen gemacht haben. Auch Wissenschaftler aus dem Ausland oder deutsche Forscher, die nach der Promotion im Ausland tätig waren, können sich ihre dort erbrachten Leistungen in Forschung und Lehre anerkennen lassen.
Alternative Juniorprofessur
Neben der Habilitation hat sich seit 2002 die Juniorprofessur auf dem Weg zur „richtigen“ Professur bewährt. Juniorprofessoren können für die Dauer von bis zu sechs Jahren unabhängig forschen und sind berechtigt, Prüfungen abzunehmen. Sie haben, weil die Habilitationsschrift entfällt, mehr Zeit für das Einwerben von Drittmitteln und für Publikationen. Hiermit können Sie sich gleichzeitig schon früh auf dem Wissenschaftsmarkt positionieren.
Der dritte Weg: Postdoc-Stipendien
Inzwischen wird immer häufiger auch die aus dem US-amerikanischen entlehnte „Postdoc“-Phase als Karriereschritt zwischen der Promotion und der Professur anerkannt. Stipendien und Programme helfen in dieser Zeit, den Weg zum selbstständigen Wissenschaftler zu bewältigen.
Eines der renommiertesten Postdoc-Stipendien ist das Emmy Noether-Programm der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Das Programm legt einen deutlichen Schwerpunkt auf die Nachwuchsgruppenleitung. Die Stipendiaten können sich „ihre“ Universität frei wählen und bekommen Forschungsmittel für ihr Projekt zur Verfügung gestellt.
Deutsche und ausländische Wissenschaftler sind in der Bewerbung gleichberechtigt. Voraussetzung ist jedoch, dass die Bewerber ihre wissenschaftliche Karriere in Deutschland fortsetzen. Wird schließlich ein passender Lehrstuhl frei, stellt die Fakultät eine Kommission zusammen, die sechs bis acht Bewerber zum Vorstellungsgespräch und zu einer Probevorlesung einlädt. Die Berufungskommissionen achten vor allem darauf, dass Bewerber hervorragende Forschungsleistungen in ihrem Spezialgebiet aufweisen. Dagegen zählen vor allem in den Ingenieur- und Erziehungswissenschaften, im Bereich der Kunst sowie an Fachhochschulen eher Berufserfahrungen außerhalb der Hochschule.
Wissenschaftliche Karriere: Die etwas andere Bewerbung
Haben Sie die geforderten Qualifikationen auf dem Weg zur Universitätsprofessur erlangt, heißt es auch hier: Bewerbungen schreiben. Dabei gilt es einiges zu beachten. Denn die universitären Berufungsverfahren unterscheiden sich stark von den Bewerbungsprozessen in der freien Wirtschaft.
Das fängt schon beim Anschreiben an: Ist dieses zu schmissig und kreativ formuliert, können Sie sich damit schnell ins Aus schießen. Gefragt ist vielmehr ein sachliches Anschreiben, das Ihre Forscherpersönlichkeit und Ihre wissenschaftliche Qualifikation in den Vordergrund stellt.
Das Gleiche gilt für Ihren Lebenslauf, der durchaus etwas ausführlicher ausfallen darf. Denn während bei Bewerbungen in der freien Wirtschaft der Lebenslauf nicht länger als zwei Seiten lang sein sollte, gilt diese Regel in der Wissenschaft nicht. Im Gegenteil: Umso mehr Projekte und Aufgaben Sie in Forschung und Lehre vorzuweisen haben, desto besser ist das für Ihre Bewerbung. Vergessen Sie unter keinen Umständen, alle Ihre Publikationen anzugeben. Sie sollten jedoch nicht ausschweifen – bringen Sie die Fakten stattdessen auf den Punkt.
Investieren Sie bei der Gestaltung Ihrer Unterlagen nicht zu viel Zeit in ein aufwendiges Layout Ihrer Unterlagen, sorgen Sie lieber für Übersichtlichkeit. Denn nur selten werden die Bewerbungsmappen von allen Mitgliedern der Berufungskommission durchgeblättert. Stattdessen werden sogenannte Synopsen zusammengestellt. Das sind tabellarische Übersichten zur besseren Vergleichbarkeit der Bewerber, die die wesentlichen Angaben – also Alter, Forschungsschwerpunkte, Publikationen und Höhe der eingeworbenen Drittmittel – beinhalten. Wenn Ihre schriftliche Bewerbung überzeugt, werden Sie sicherlich zu einem persönlichen Gespräch mit der Berufungskommission eingeladen.
Zweite Runde: Vorsingen
In einer weiteren Runde werden von den Bewerbern meist eine Lehrprobe und ein Fachvortrag verlangt – das sogenannte „Vorsingen“. Ist auch diese Hürde gemeistert, heißt es warten. Rufen Sie nicht bei der Hochschule an, erkundigen Sie sich nicht nach dem Stand des Verfahrens, das gilt als unangemessen und geradezu aufdringlich. Im Vergleich zur freien Wirtschaft brauchen Stellenbesetzungen an Universitäten oft sehr viel mehr Zeit. Hier ist vor allem Geduld gefragt.
Wege in die freie Wirtschaft
Die Alternative zur wissenschaftlichen Karriere an Hochschule oder Universität ist eine Laufbahn in der freien Wirtschaft. Denn auch in der Industrie finden junge Wissenschaftler diverse Möglichkeiten, ihre Qualifikation entsprechend einzusetzen.
Mehr Wissenschaft als gedacht
„Ich war am Anfang überrascht, wie viel ‚echte‘ Wissenschaft hier betrieben wird“, sagt Dr. Peter Kupser, der beim Pharmakonzern Roche in der systemtechnologischen Forschung als Postdoc tätig ist. Sein Team ist interdisziplinär zusammengesetzt. Neben Physikern forschen hier Chemiker, Biologen, Laboranten und Ingenieure aus verschiedensten Fachrichtungen. Bei einigen Projekten kooperiert das Unternehmen zudem mit der Universität Freiburg. Dennoch gibt es grundlegende Unterschiede zwischen Stellen in der Privatwirtschaft und denen an Universitäten und Fachhochschulen.
Sich mit der Bewerbung abheben
Das fängt schon bei der Bewerbung an. Während für Universitäten vor allem die akademische Laufbahn, die Publikationen und die fachliche Spezialisierung eines Kandidaten im Vordergrund stehen, ist dies in der freien Wirtschaft nachrangig. Hier sollten Sie besser mit Ihren praktischen Erfahrungen aufwarten. Erläutern Sie im Anschreiben genau, wie Sie sich im Unternehmen einbringen können und welchen Nutzen das jeweilige Unternehmen durch Ihre Einstellung hätte.
Verzichten Sie dabei auf die üblichen Standard-Floskeln. Formulieren Sie stattdessen lieber einen auf die Firma und Position zugeschnittenen persönlichen Text. Zugegeben: Das macht mehr Arbeit – zahlt sich aber in den meisten Fällen aus. Achten Sie darauf, dass das Anschreiben nicht länger als eine Seite ist. Der Lebenslauf sollte nicht mehr als zwei Seiten umfassen.
Zeigen Sie sich proaktiv
Wenn Sie mit Ihrer Bewerbung überzeugen können, steht in der Regel ein persönliches Kennenlernen mit den Chefs in spe auf dem Programm. Nicht selten besteht dieses aus mehreren Gesprächsterminen inklusive einem Rundgang durch die Firma und einem Treffen mit Ihren potenziellen Arbeitskollegen. Einige Unternehmen richten auch Assessment-Center aus, bei denen sich die Bewerber in verschiedenen Tests gegen ihre Konkurrenten durchsetzen müssen.
Nach dem Vorstellungsgespräch heißt es abwarten. Anders als in der Wissenschaft kommt hier durchaus eine erneute telefonische Meldung beim Unternehmen in Betracht. Viele Personalverantwortliche werten dies als Ausdruck deutlichen Interesses an einer Position und damit positiv. Voraussetzung ist natürlich, Ihnen wurde nichts Anderes gesagt.
Steiniger Weg zurück in die Wissenschaft
„Meine Arbeit und meine Erkenntnisse werden nicht in Publikationen oder Artikeln in high-ranked Journals dokumentiert, sondern fließen in die Produkte“, erklärt Dr. Kupser. Ein Umstand, der einen Wechsel zurück an die Universität entsprechend erschweren kann. Außerdem ist der Aufbau eines wissenschaftlichen Netzwerks nicht so einfach wie an einer Hochschule.
Trotzdem finden viele Doktoren Erfüllung in ihrer Arbeit in der freien Wirtschaft: „Von den Arbeitsbedingungen und Herausforderungen als Wissenschaftler her muss ich wirklich sagen, dass ich in der Industrie keine Abstriche machen muss“, sagt Dr. Kupser.
Für eine Anstellung in der Privatwirtschaft sprechen aber auch bessere Arbeitsbedingungen: Die Vielzahl der Stellen sind unbefristet, und die Bezahlung ist im Schnitt deutlich besser als an Hochschulen.