Aufbau und Führung der Nachwuchsgruppe
Nachwuchsgruppenleiter:innen bauen ihre Arbeitsgruppe selbst auf. Meist sind in den Programmen ein bis drei Mitarbeitende vorgesehen. Das sind in der Regel Doktorand:innen oder je nach Fachbereich auch technische Angestellte; studentische Hilfskräfte sind ebenfalls möglich.
Beim Aufbau einer solchen Nachwuchsgruppe gilt es einiges zu beachten – nicht nur fachliche Qualifikation der Mitarbeitenden ist entscheidend, sondern auch die Chemie muss stimmen. Zudem ist es wünschenswert, dass die Gruppe möglichst divers aufgestellt ist. Viele Programme machen dies zur Voraussetzung, mindestens jedoch wird es positiv bewertet.
Um geeignetes Personal zu finden, müssen diese Stellen zunächst ausgeschrieben werden. Dazu setzen Sie sich mit der Personalstelle Ihrer Einrichtung in Verbindung. Überlegen Sie sich gut, welche Anforderungen Sie an Ihre Mitarbeiter:innen stellen werden. Welche Aufgaben sollen sie übernehmen, was sollten sie dafür mitbringen? Ein gutes Netzwerk ist hierbei von Vorteil, weil geeignete Kandidat:innen direkt angesprochen werden können, damit sie sich bewerben.
Kooperativer Führungsstil am erfolgreichsten
Mit Ihrer Position als Nachwuchsgruppenleiter:in sind Sie nicht mehr Kollege bzw. Kollegin, sondern auch Vorgesetzte:r. Sie sollten sich deshalb klar darüber sein, wie Sie diese Rolle ausfüllen wollen. Überlegen Sie sich, wie Sie die Arbeit in Ihrer Gruppe organisieren möchten. Machen Sie sich einen Zeitplan für das Forschungsprojekt – was muss wann erledigt sein?
Regelmäßige Teambesprechungen helfen auszuloten, welche Tätigkeiten konkret anstehen und wo gerade Schwierigkeiten auftreten. Achten Sie bei Entscheidungen auf die Auffassungen Ihrer Mitarbeiter:innen und pflegen Sie einen kooperativen und transparenten Führungsstil – dieser hat sich in der Wissenschaft nachweislich am besten bewährt.
Ein klassisches Problem von Führungskräften in der Wissenschaft ist, dass sie von bestimmten Forschungsaufgaben wie den Tätigkeiten im Labor nicht lassen können und sich bei den hinzukommenden Managementaufgaben verzetteln. Viele Einrichtungen bieten ihren frischgebackenen Führungskräften entsprechende Seminare an – ein Angebot, das Sie nutzen sollten.
Betreuungsverhältnisse abklären
Als Vorgesetzte:r stehen Sie auch in einer Verantwortung gegenüber Ihren Mitarbeiter:innen. Diese brauchen einerseits klare Anweisungen zu ihren Aufgaben. Andererseits benötigen Sie auch den Freiraum, um etwa ihre Promotion voranzutreiben. Erinnern Sie sich an Ihre eigene Zeit als weisungsgebundene:r Mitarbeiter:in – was empfanden Sie damals als unterstützend, was waren typische Störfaktoren?
Besprechen Sie mit Ihren Mitarbeitenden, welche Bedürfnisse sie an Sie als Betreuer:in haben. Teilen Sie ihnen gleichermaßen auch Ihre Bedürfnisse mit, denn auch Sie als Nachwuchswissenschaftler:in brauchen Zeit für Ihre eigenen Projekte, und als Verantwortlicher in einem Drittmittelprojekt müssen Sie Fristen einhalten. Einigen Sie sich mit Ihren Doktoranden über verbindliche Ziele, die Sie gegebenenfalls in einer Betreuungsvereinbarung festhalten können. Anregungen dazu finden Sie auch in den „Empfehlungen für das Erstellen von Betreuungsvereinbarungen“ der DFG.
Zudem müssen Sie mit der Fakultät, an der Sie zu Gast sind, Ihren Status als Betreuer;in klären. Nachwuchsgruppenleiter:innen betreuen zwar de facto die Doktorand:innenen, die in ihrer Gruppe arbeiten, haben aber formal nicht das Recht, Promotionsprüfungen abzunehmen. Viele Universitäten gehen inzwischen aber dazu über, ihren Nachwuchsgruppenleiter:innen (unter strengen Vorgaben und erst nach erfolgter, positiver Zwischenevaluation) das Promotionsrecht zu verleihen.
Oft beschränkt sich dieses Recht darauf, lediglich die Mitglieder Ihrer Arbeitsgruppe zu betreuen und zu prüfen. Informieren Sie sich am besten noch bevor Sie die Stelle antreten, wie man es an Ihrer Fakultät mit dem Promotionsrecht hält. Sollten Sie im Emmy Noether-Programm sein, wird dieser Punkt bereits im Musterarbeitsvertrag, den Sie dem Antrag beifügen müssen, geregelt. Ansonsten müssen Sie einen entsprechenden Antrag an Ihre Fakultät stellen, oder Sie können zwar als fachliche:r Betreuer:in auftreten, nicht aber die Promotionsprüfung abnehmen.
Die Zwischenevaluation für Nachwuchsgruppenleiter:innen
Je nach Förderprogramm steht für die meisten Nachwuchsgruppenleiter:innen etwa zur Halbzeit, spätestens im vierten Projektjahr, eine Zwischenevaluation an. Dabei wird überprüft, ob die Arbeitsgruppe fortgeführt wird und die Mittel für die restliche Laufzeit des Projekts entsperrt werden.
Ähnlich wie bei der Juniorprofessur muss dafür ein Arbeits- und Ergebnisbericht vorgelegt werden. Dieser wird zusammen mit den Publikationen, die im Rahmen des Forschungsprojekts entstanden sind, begutachtet. Auf dieser Basis wird entschieden, ob das Projekt weitergeführt wird.
Dokumentieren Sie daher parallel zu Ihrer Arbeit, was Sie getan haben und wie sich das Forschungsprojekt bisher entwickelt hat. Beachten Sie, dass es zu den Anforderungen an die Zwischenevaluation programmspezifische Unterschiede gibt.
Das Gehalt von Nachwuchsgruppenleiter:innen
Die Vergütung von Nachwuchsgruppenleiter:innen hängt von den Rahmenbedingungen an der aufnehmenden Einrichtung ab. Wer über das Emmy Noether-Programm der DFG gefördert wird, wird in der Regel als Angestellter des öffentlichen Dienstes mit Leitungsaufgaben eingruppiert, also in die Entgeltgruppen E14 oder E15. Basis ist der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) aber auch der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L). Das Gehalt bewegt sich also je nach Berufserfahrung und Verantwortung bei einer Vollzeitstelle zwischen rund 60.000 bis über 80.000 Euro brutto pro Jahr.
Um für exzellente Forscher:innen die eigene Attraktivität zu steigern, gewähren einige Hochschulen Nachwuchsgruppenleiter:innen eine Juniorprofessur und die entsprechende W1-Besoldung. Empfänger eines ERC Starting Grants werden meist etwas höher eingestuft – als Juniorprofessor:innen oder Angestellte des Tarifs TVöD E15. Die Max-Planck-Gesellschaft stellt sie sogar in einem beamtenrechtsähnlichen Verhältnis als W2-Professoren ein.
Als Nachwuchsgruppenleiter ohne Habilitation zur Professur?
Wie auch die Juniorprofessor:innen stehen Nachwuchsgruppenleiter:innen oft vor der Frage, ob sie sich mit dieser Position hinlänglich für eine Professur qualifizieren oder ob sie dennoch habilitieren müssen. Blickt man auf die Hochschulgesetzgebung, dann ist eine Habilitation an sich nicht erforderlich. Die Landeshochschulgesetze sehen neben der Habilitation und der Juniorprofessur auch andere wissenschaftliche Tätigkeiten als Einstellungsvoraussetzung für Professoren vor. Auch wenn sie nicht explizit vom Gesetzgeber benannt wird, so gehört die Leitung von Nachwuchsgruppen unbestritten ebenfalls zu diesen „anderen wissenschaftlichen Tätigkeiten“.
Dennoch geben fachspezifische Gebräuche und die Einschätzung der jeweiligen Berufungskommission am Ende den Ausschlag. In den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern ist die Habilitation mittlerweile weniger verbreitet, die Nachwuchsgruppenleitung gilt als adäquate Leistung. Anders liegt der Fall in den geisteswissenschaftlichen Fächern und der Medizin – hier hat die Habilitation einen ungebrochen hohen Stellenwert. Wenn Sie in diesen Fächergruppen eine Professur anstreben, klären Sie am besten gemeinsam mit Ihren Mentor:innen, ob Sie parallel zu Ihrer Stelle habilitieren sollten.
Grundsätzlich gilt die Nachwuchsgruppenleitung jedoch als Erfolg versprechender Karriereschritt hin zur Professur. Dies liegt nicht zuletzt am Renommee der entsprechenden Programme und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. So kann unteranderem die Max-Planck-Gesellschaft damit werben, dass etwa zwei Drittel ihrer ehemaligen Forschungsgruppenleiter:innen den Sprung auf eine Professur geschafft haben.