Promotion Geisteswissenschaften im Rahmen einer akademischen Karriere
Wer eine akademische Laufbahn in den Geisteswissenschaften anstrebt, für den stellt sich die Frage nach dem Für und Wider einer Promotion nicht - ohne Doktor gibt es wenig Chancen, in der Wissenschaft beschäftigt zu bleiben, und keine Möglichkeit, zu habilitieren oder über andere Wege zu einer Professur zu gelangen. Gleichzeitig ist die Promotion in Geisteswissenschaften kein Garant für eine Professorenstelle. Während laut dem Bundesbericht Wissenschaftlicher Nachwuchs (BuWiN) 2017 im Jahr 2012 2.890 Sprach- und Kulturwissenschaftler promovierten, wurden lediglich 221 Professoren neu in der jeweiligen Fächergruppe berufen. Ein eindeutiger Indikator dafür, wie gut die Chancen auf den höchsten Lehrposten im Hochschulsystem wirklich stehen, ist das zwar nicht. Wer sich aus wissenschaftlichen Bestrebungen für eine Promotion in Geisteswissenschaften entscheidet, muss jedoch wissen, dass es neben ihm viele weitere potenzielle Anwärter auf vergleichsweise wenige Professorenstellen gibt.
Lohnt sich die Promotion für den Einstieg in die freie Wirtschaft?
Ein Doktortitel in der freien Wirtschaft kann sich für Geisteswissenschaftler dann lohnen und unter Umständen sogar einen Quereinstieg erleichtern, wenn das Thema der Dissertation mit der beruflichen Tätigkeit zu tun hat, die die Absolventen danach anstreben. Nur deshalb und ohne berufsqualifizierendes Thema zu promovieren, weil man sich dadurch in jedem Fall bessere Chancen auf eine Anstellung erhofft, ist laut der Einschätzungen von Karriereberatern eher nicht empfehlenswert. In einem solchen Fall bestehe die Gefahr, auf Personaler akademisch überqualifiziert zu wirken. Daneben gibt es Berufe für Geisteswissenschaftler, zum Beispiel Leitungsposten an Museen, bei denen in der Stellenausschreibung häufig eine Promotion in Geisteswissenschaften vorausgesetzt wird. Hoffnungen auf ein höheres Gehalt werden hingegen nur bedingt erfüllt - zumindest beim Einstieg auf den Arbeitsmarkt. Für Promovierte am Anfang ihrer beruflichen Laufbahn ist der Gehaltssprung gegenüber Masterabsolventen laut einer Lohnstudie von Gehalt.de vergleichsweise gering: Das Geisteswissenschaftler-Gehalt mit einem Doktortitel in der Tasche beträgt durchschnittlich nur 5.400 Euro brutto mehr im Jahr.
Bis die Verdienstkluft durch den später geringfügigen Mehrverdienst dank Doktortitel ausgeglichen ist, kann es dauern. Eine Umfrage der Hochschul-Informations-System eG (HIS) zeigt, dass Geisteswissenschaftler im Schnitt 5,1 Jahre an ihrer Promotion arbeiten. Sprach- und Kulturwissenschaftler schließen sie laut dem BuWiN 2017 erst mit durchschnittlich 35,8 Jahren ab - älter beim Abschluss der Doktorarbeit sind dieser Auswertung nach nur noch die Kunstwissenschaftler mit 38,6 Jahren.
Bis dahin leben viele in prekären Verhältnissen, während ehemalige Kommilitonen mit Bachelor- oder Masterabschluss möglicherweise schon seit Jahren berufstätig sind. Laut dem BuWiN 2017 sind zwölf Prozent aller Promovierenden von besonders niedrigen Einkommen von unter 826 Euro betroffen, unter geistes- und kulturwissenschaftlichen Absolventen sind solche geringen Gehälter außerdem deutlich weiter verbreitet als bei Promovenden anderer Fächer. Zurückzuführen ist dies unter anderem auf die Unterschiede im Beschäftigungsumfang von Promovierenden: So sind die Anteile an Teilzeitbeschäftigten in geistes- und kulturwissenschaftlichen Fächern vergleichsweise hoch - in allen Fächergruppen sind Frauen dazu häufiger in Teilzeit beschäftigt als Männer. Über die Gründe dafür können laut dem BuWiN 2017 keine Aussagen getroffen werden. Zu vermuten sei jedoch ein Zusammenhang mit familiären Verpflichtungen.
Was bei der Entscheidung für oder gegen eine Promotion auch eine Rolle spielen kann: Durch den späteren Abschluss fehlt es Promovierenden im Vergleich zu Bachelor- und Masterabsolventen, die sich auch durch Fort- oder Weiterbildungen weiterqualifizieren können, trotz fortgeschrittenen Alters an praktischer Erfahrung. Sinnvoll ist es deshalb, schon während des Studiums Praktika zu absolvieren oder sich um Nebenjobs in den angestrebten Berufsfeldern zu bemühen. Wer als Doktorand in den Geisteswissenschaften Zusatzqualifikationen dadurch erlangt, dass er zum Beispiel in der Lehre aktiv ist oder berufsrelevante Seminare abhält, sollte sich das deshalb zertifizieren lassen. Die eigenen Fähigkeiten werden auf diese Weise für potenzielle Arbeitgeber außerhalb der Hochschule transparenter.