Welche Unterschiede gibt es zu Vorstellungsgesprächen in der Wirtschaft?
Ein Vorstellungsgespräch an einer Universität oder Hochschule unterscheidet sich teils erheblich von einem Vorstellungsgespräch in der Privatwirtschaft.
In aller Regel führt das Vorstellungsgespräch als wissenschaftliche:r Mitarbeiter:in ein Hochschullehrer oder Hochschullehrerin mit Ihnen, häufig sogar als direktes „Vieraugengspräch“.
Während in einem Wirtschaftsunternehmen, je nach Unternehmensgröße, derartige Interviews von mehreren Personalern professionell vorbereitet werden, führt ein Professor oder eine Professorin ein solches Gespräch möglicherweise ein- oder zweimal im Jahr – manchmal können auch mehrere Jahre zwischen solchen Terminen vergehen.
Daraus ergibt sich, dass Sie insgesamt weniger mit unangenehmen Fang- oder Stressfragen konfrontiert werden dürften. Für Hochschullehrer:innen stehen in erster Linie Ihr akademischer Werdegang, Ihre wissenschaftlichen Qualifikationen und Erfahrungen sowie Ihre persönliche Motivation und Belastbarkeit im Vordergrund.
Soft Skills spielen eine nicht unwesentliche Rolle
Allerdings spielen auch für Stellen an der Universität Ihre „Sekundärtugenden“, im Personalwesen auch als soziale Kompetenzen oder „Soft Skills“ bezeichnet, eine nicht ganz unwesentliche Rolle. Denn auch bei einem Lehrstuhl handelt es sich de facto um ein Kleinstunternehmen, in dem ein konstruktives Miteinander und gegenseitiges Vertrauen noch unentbehrlicher als in größeren Firmen ist. Teamfähigkeit ist also ebenso gefragt wie beispielsweise ein hohes Maß an Disziplin und Selbstorganisation.
Graduiertenkolleg: Assessment Center statt Bewerbungsgespräch
Seit einigen Jahren gründen deutsche Hochschulen vermehrt Graduiertenkollegs, die den Bewerbungsprozess häufig von Grund auf anders gestalten: Falls Sie sich bei einem solchen Graduiertenkolleg bewerben, ist es gut möglich, dass Sie ihre Eignung für die Stelle eines wissenschaftlichen Mitarbeiters statt in einem klassischen Bewerbungsgespräch in einem Assessment Center und vor einem mehrköpfigen Auswahlkomittee über Vorträge, Gruppenaufgaben und Planspiele unter Beweis stellen müssen.
Tipps für das Vorstellungsgespräch als wissenschaftlicher Mitarbeiter
- Lassen Sie im Gespräch erkennen, dass Sie sich mit dem Forschungsgebiet des Lehrstuhls identifizieren, also über eine intrinsische und anhaltende Motivation verfügen: Informieren Sie sich dazu im Vorfeld ausführlich über die bisherigen wissenschaftlichen Veröffentlichungen des Lehrstuhlinhabers oder der Lehrstuhlinhaberin und seiner Mitarbeitenden sowie über die Struktur des Lehrstuhls.
- Machen Sie sich mit Ihrer künftigen Aufgabe eingehend vertraut: Der Deutsche Hochschulverband bietet auf seiner Webseite über die jeweiligen Landeshochschulgesetze einen umfassenden Überblick über das generelle Tätigkeitsprofil von wissenschaftlichen Mitarbeitenden. Denn sowohl bei der Vorbereitung auf das Vorstellungsgespräch als auch bei dem Termin selbst sollten Sie sich darauf fokussieren, Ihre fachliche Qualifikation für die ausgeschriebene Stelle überzeugend darzustellen.
- Stellen Sie im Gespräch Rückfragen, um sich ein noch genaueres Bild von Ihrer künftigen Aufgabe machen zu können: Welche Aufgaben umfasst die ausgeschriebene Stelle konkret? Beinhaltet sie eine Lehrtätigkeit? Sollen Sie bei (Buch-)Projekten assistieren, möglicherweise Tagungen vorbereiten? Werden noch andere wissenschaftliche Dienstleistungen von Ihnen erwartet?
- Werden Sie sich bereits in der Vorbereitung über Ihre eigenen beruflichen Pläne und Karriereambitionen bewusst. Streben Sie wirklich eine akademische Karriere an? Oder ist ein Wechsel in die Wirtschaft oder den öffentlichen Dienst für Sie und Ihre persönlichen (z. B. familiären) Umstände eventuell die bessere Variante? Wenn Ihr Karriereziel ein Lehrstuhl ist, können Sie das dann auch überzeugend verargumentieren.