Alternativen zur Habilitation: Juniorprofessur und Tenure Track
Seit 2002 gibt es noch eine weitere, der Habilitation ebenbürtige Qualifikation für eine Professur. Damals wurde das Hochschulrahmengesetz geändert und so ermöglicht, dass junge Wissenschaftler direkt nach der Promotion zum Juniorprofessor ernannt werden können. In der Regel erfolgt hier nach rund drei Jahren eine Zwischenevaluation. Fällt diese positiv aus, wird die Stelle verlängert. Die Chancen für eine Berufung auf eine Lebenszeitprofessur sind dabei gut: Laut einer Studie des CHE gemeinnütziges Centrum für Hochschulentwicklung aus dem Jahr 2014 erhielten 85 Prozent der Juniorprofessoren einen Ruf auf eine Professorenstelle. Die Untersuchung ergab ebenfalls, dass 86 Prozent der befragten Juniorprofessoren ihre Professur ohne eine zusätzliche Habilitation erreichten.
Ebenfalls seit 2002 gibt es den sogenannten “Tenure Track”, den der Bund seit 2017 mit einer Milliarde Euro fördert: Bis 2032 finanziert er damit insgesamt 1000 Tenure-Track-Professuren an 75 Hochschulen. Der Weg zur Professur soll so transparenter und planbarer werden: Die speziellen Professorenstellen “richten sich an junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in der frühen Karrierephase und (sehen) nach erfolgreicher Bewährungsphase den unmittelbaren Übergang in eine Lebenszeitprofessur vor”, heißt es auf der Themenseite des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF).
Nordrhein-Westfalen hat dieses Modell beispielsweise bereits in sein Hochschulgesetz aufgenommen: “Die Universitäten können in begründeten Fällen Juniorprofessuren so ausgestalten, dass schon bei der Besetzung dieser Stelle die Berufung auf eine Professur im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit oder auf eine Professur in einem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis [...] zugesagt wird.”
Sonderfall Fachhochschule: Habilitation meist kein Thema
Während an Universitäten außer der genannten Alternativen noch verbreitet ist, dass nur habilitierte Wissenschaftler auf einen Lehrstuhl berufen werden, liegt der Fall bei Fachhochschul-Professoren etwas anders. Da dort die Praxiserfahrung im Vordergrund steht, müssen junge Wissenschaftler, die Professor werden möchten, eher darauf achten, viel praktische Erfahrung in der Wirtschaft zu sammeln. Vor allem sollte dies genau zu dem Forschungsgebiet passen, das der angestrebte Lehrstuhl hat. Wer die ganze Forschungslaufbahn an Universitäten absolviert und habilitiert hat, hat häufig eher schlechtere Chancen auf einen der praktisch ausgerichteten Lehrstühle. Er muss bei der Bewerbung eine gute Antwort auf die Frage haben, warum er an einer Fachhochschule arbeiten will.
Professur ohne Promotion: Gesetzliche Regelungen
Im Gegensatz zur Habilitation ist die Promotion für die meisten Professuren unabdingbar. Ebenso wie bei der Habilitation findet sich aber in den gesetzlichen Texten keine Verpflichtung. Im Hochschulrahmengesetz heißt es, dass “eine besondere Befähigung zu wissenschaftlicher Arbeit, die in der Regel durch die Qualität einer Promotion nachgewiesen wird”, nötig ist. So oder ähnlich lautet die Formulierung auch in den meisten Landeshochschulgesetzen.
Die Fähigkeit zur wissenschaftlichen Arbeit soll also "in der Regel" durch eine Promotion nachgewiesen werden: Das heißt nicht, dass sie im Ausnahmefall nicht auch durch andere wissenschaftliche Betätigungen nachgewiesen werden kann. Vor allem in geisteswissenschaftlichen, medizinischen und naturwissenschaftlichen Fächern gibt es in der Praxis aber so gut wie keine Chance, Professor zu werden ohne Doktor zu sein.
FH-Professur auch ohne Promotion möglich
Auch bei einigen FH-Professuren müssen Wissenschaftler eine Promotion mitbringen. In vielen Fachrichtungen ist aber eine Doktorarbeit eher unüblich, wie zum Beispiel bei Architekten, Künstlern oder Designern. In diesem Fall werden Praxiserfahrung, Auszeichnungen, Preise oder erfolgreiche Ausstellungen stärker gewichtet.
Allerdings können Professoren an Fachhochschulen nur berufen werden, wenn sie mindestens fünf Jahre Berufserfahrung haben – davon drei Jahre in der Industrie. Das ist in den Landeshochschulgesetzen (z.B. in §36 des Landeshochschulgesetzes NRW) festgeschrieben. Auch die Veröffentlichung eines anerkannten und viel gelesenen Fachbuchs kann an der Fachhochschule im Ausnahmefall geeignet sein, die Promotion zu ersetzen.
Sonderfall Honorarprofessor
Beim Honorarprofessor handelt es sich um ein irreführendes Wort. Es geht nicht etwa darum, dass er für seine Tätigkeit Geld erhält – im Gegenteil: Er lehrt ehrenamtlich und darf dafür den Titel Professor tragen. Auch hier wird eine Promotion nicht immer vorausgesetzt, die Zugangsbedingungen sind jedoch je nach Bundesland sehr unterschiedlich geregelt. Meist müssen Honorarprofessoren eine fünfjährige Lehrtätigkeit nachweisen.
Laut § 41 Abs. 2 des Hochschulgesetzes NRW müssen die Personen beispielsweise “auf einem an der Hochschule vertretenen Fachgebiet hervorragende Leistungen in der beruflichen Praxis bei der Anwendung oder Entwicklung wissenschaftlicher Erkenntnisse und Methoden oder hervorragende Leistungen in Forschung, Kunst und Lehre, künstlerischen Entwicklungsvorhaben und Kunstausübung erbringen”. Auch wenn der Zugang also ohne Promotion möglich ist, ist es für junge Wissenschaftler nicht der leichteste Weg, um eine der knapp 50.000 regulären Professorenstellen in Deutschland zu ergattern: Meist werden Personen mit langjähriger Praxis in der Wirtschaft oder Politik berufen.